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Altern

Ob ich eine Midlife Crisis habe?! Etwas darüber nachgedacht, glaube ich das eher nicht. Vielleicht sollte ich besser sagen noch nicht. Wer weiss schon, was noch kommt… Aktuell würde ich behaupten, wieder mehr zu mir selbst zu finden und den Blick klarer darauf zu richten, was im Leben wirklich von Bedeutung ist. So kann es beispielsweise durchaus unterhaltsam sein, in seichten Sendeformaten wie Finger weg (Netflix) ein gutes Dutzend triebgesteuerte Individuen dabei zu beobachten, wie es ihnen erstaunlich schwer fällt, ernsthafte emotionale Beziehungen mit anderen Menschen einzugehen. Allesamt noch jung, attraktiv und leider an Oberflächlichkeit kaum zu überbieten.

Mindestens drei gut gebaute Aufreisser buhlen gleich zu Beginn der neuesten Staffel um das Herz der in ihren Augen ansehnlichsten Liebesgöttin. Oder sagen wir besser, deren Höschen, denn schneller unkomplizierter Sex ist das angestrebte Ziel. Das schmeichelt der jungen Dame natürlich ungemein, schliesslich ist sie es, die nach eigenen Angaben „jeden haben kann und sich nimmt was sie braucht“. Ausgerechnet der mutmassliche Bad Boy scheint ihr Interesse geweckt zu haben, „sie wolle sich aber sämtliche Optionen offen halten“. Zu dumm nur, dass ihr aufregender Flirt nach dem ersten Mal Zunge in den Hals stecken allen Ernstes zu fabulieren beginnt, man könne sich doch nun etwas besser kennenlernen und Zeit miteinander verbringen. Das geht ihr jetzt einfach zu schnell und er kassiert einen Korb.

Der nächstbeste heisse Typ auf ihrer Favoritenliste erdreistet sich dann sogar, von allgemeinen Zukunftsvisionen mit eigenen Kindern zu sprechen. Total unsexy, ein solches Verhalten. Igitt. Wie sich im Laufe jeder Staffel von Finger weg herausstellt, sind sämtliche Teilnehmer selbst in ihren jungen Jahren schon auf die eine oder andere Weise in Liebesangelegenheiten enttäuscht, gedemütigt, gebrochen worden, weshalb sie Gefühle nicht mehr zulassen wollen. Selbstverständlich ist man verletzlich, wenn man sich anderen Menschen gegenüber öffnet. Nur halte ich es für eine denkbar bequeme Ausrede. Unsere Gesellschaft erstickt geradezu an ihrer Oberflächlichkeit.

Manche Charaktere streben auch nach Drama, wie wir es von zahlreichen Hollywood Blockbustern kennen. Wenn Jake Gyllenhaal in Love and Other Drugs nach zahllosen Bettgeschichten plötzlich eine Panikattacke bekommt, weil er abgesehen von Anne Hathaway zuvor absolut niemanden seine Liebe gestehen konnte. Ganz grosses Kino. Wenigstens nimmt der Film ein positives Ende, was ich nicht gerade von Beziehungen in meinen Zwanzigern mit so manchen leidenschaftlichen Drama Darstellerinnen, die meinen Weg kreuzten, behaupten kann. Vielleicht lag es auch an mir, ich will mich da nicht vollends aus der Verantwortung stehlen. Man wird halt auch nur durch Fehler klüger. Sollte ich jemals jemanden verletzt haben, dann tut es mir aufrichtig leid. Ob wir noch einmal so jung sein wollen? Kurioserweise sind wir uns einig, wenn ich mich mit Freunden und Arbeitskollegen zu dem Thema unterhalte: nein.

Weisheit kommt mit dem Alter und damit meine ich jetzt nicht meine zunehmend grauen Haare. Mit 41 Jahren belächle ich jeden, der die Attribute für den idealen Lebenspartner nur nach dem äusseren Erscheinungsbild beurteilt. Versteht mich bitte nicht falsch. Allen Komplimenten zum Trotz, die man natürlich auch braucht für noch mehr Motivation, betreibe ich meinen Lebenswandel in erster Linie für mich selbst und meine Gesundheit. Ewig jung bleibt niemand von uns und der wahre Wert einer Beziehung zeigt sich erst, wenn man im Laufe der Jahre gemeinsam einige Krisen und auch schlechte Zeiten meistern konnte, weil einen wesentlich mehr verbindet, als das Aussehen und sexuelle Spannung.

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